Seit Anfang 1989 gibt es den Kreisel an der Therme Eins – Inzwischen zählt die Kommune 13 Stück

Bad Füssing. Es geht rund in Bad Füssing: Seit Jahrzehnten gibt es in dem Kurort den Kreisverkehr. Bis der erste errichtet werden konnte, gab es lange und kontroverse Diskussionen. In den letzten Monaten ist der erste „Kreisel“, sozusagen der Prototyp aus jener Zeit, saniert worden. Am Freitag, 26. April, soll er wieder für den Verkehr freigegeben werden. Wer den ersten Kreisverkehr weltweit gebaut hat, das war lange Zeit umstritten zwischen New York (Columbus Circle, 1904) und Paris (Triumphbogen, 1907). Der erste „Roundabout“ der Briten entstand zeitnah 1909. Inzwischen wird tatsächlich ein deutscher Kreisel wissenschaftlich als erster der Welt anerkannt, die sogenannte „Görlitzer Drehscheibe“, die in dieser Stadt 1899 fertiggestellt worden war. Eine derartige Verkehrsregelung war in Nachkriegs-Deutschland durchaus gang und gäbe. Aufgrund von Differenzen bei der Gestaltung der Vorfahrtsregelung wurden sie in den Folgejahren mehr und mehr zuAmpel-Kreuzungen umgebaut. Erst zu Beginn der 1990er Jahre erlebten sie eine Art Wiedergeburt – womit Bad Füssing also eindeutig mit zu den Kreisverkehr-Pionieren jener Zeit gehört, wenn man sich die Zeittafel anschaut.

Anfangs wurde der Kreisel „derbleckt“

Während man sich also in Deutschland vom Kreisverkehr zunächst kontinuierlich abwandte, waren sie in anderen europäischen Ländern weiterhin ausgebaut worden, insbesondere in Frankreich und Großbritannien, die heute Weltmeister in Sachen Kreisverkehr sind. Laut Aussagen diverser Zeitzeugen war es der damalige Bürgermeister Franz Gnan, den Reisen in Frankreich inspirierten, auch in der Gemeinde einen Kreisverkehr zu installieren. Denn in seinem häufig bereisten Urlaubsland hatte man dessen Vorteile längst erkannt: kostengünstiger in Bau und Instandhaltung, verbesserter Verkehrsfluss, weniger Unfälle, geringere Emissionen, mehr Sicherheit für Fußgänger. Dies alles kam dem neuen Verkehrskonzept im Badeort außerordentlich entgegen, wie Gnan bereits vorausschauend erkannt hatte. Und so machte er sich – trotz aller Widerstände – daran, sein Projekt umzusetzen.

Nach dem anfänglichen „Derblecken“ des Füssinger Kreisverkehrs-Experiments in den Nachbargemeinden (Starkbierfest Pocking von 1989), entstanden immer mehr Kreisverkehre. Mittlerweile gibt es alleine schon im Gemeindebereich weitere 13 Kreisverkehre. Wie viele es landkreisweit gibt, konnte seitens des Landratsamtes Passau leider nicht beantwortet werden. Aber Behördensprecher Werner Windpassinger könne „gesichert“ sagen: „Der Ruf nach Kreisverkehren wie auch deren tatsächliche Umsetzung hat in den letzten zehn Jahren zugenommen.“

Genaugenommen aber, so müssten waschechte Füssinger feststellen, ist der allerallererste Kreisel des Kurortes der Kreisel in der ersten Therme, der Pilz, um den sich bereits seit 1957 der „Verkehr“ im Badebecken drehte und der ein Sinnbild dieses bedeutenden Kurortes geworden ist, heute noch verankert im Gemeindewappen. Bad Füssings Gemeindeangestellte Sonja Prem ist tief ins Archiv der Gemeinde eingetaucht und hat viel zum Thema Kreisverkehr gefunden. Eine Auswahl: 1988 meldeten zum Beispiel die Wirteschaft (Gastronomie) und Beherbergungsbetriebe Bedenken hinsichtlich des neuen Verkehrskonzepts. Gegebenenfalls wollten sie bis zum Verwaltungsgericht gehen. Im selben Jahr berichtet die PNP, dass ein „Brunnen zum Zentrum der Thermalbadstraße“ wird – mit zwölf Fontänen, einer eigenen Spur für Radfahrer rund um den Kreisel. Langsam wird auch klar, wie verkehrsberuhigend Kreisel im Kurort wirken. 1991 beginnen die Arbeiten zum zweiten Kreisverkehr in der Thermalbadstraße – Lindenstraße (Ev. Kirche). Am 11. November1993 titelt die PNP: „Bizarre Winterplastik für den Brunnen – der Malchinger Bildhauer Dominik Dengl kreiert Edelstahl-Wäldchen für den Kurort–Kosten: 120 000 Mark“. 1994 beweist Künstler Dengl in einem „Probelauf“ mit künstlich erzeugtem Dauerregen aus Rasensprengern, wie aus seinem Kunstwerk tatsächlich ein Eisbrunnen entsteht.

Eisbrunnen: erst Skepsis, dann Fotomotiv Nummer 1

Im Januar 1995 heißt es in der PNP: „Der Brunnen sprüht vor eisigem Leben“: „Die ungewöhnliche Skulptur war Gesprächsthema vieler Diskussionen. Die Bildhauer Dominik Dengl und Gabriel Baumüller und der Gemeinderat als Auftraggeber mußten einige Kritik einstecken für diese … Konstruktion, über deren Sinn sich so gut diskutieren läßt. … moderne Kunst, für die nicht jeder etwas übrighat… Rechtzeitig zu Weihnachten aber konnte Frieden geschlossen werden. An den Feiertagen erweckten niedere Temperaturen die Kunst erstmals zu einer bizarren Naturschönheit… Doch selbst Skeptiker sind begeistert. Der Kreisel ist die neue AttraktionimKurort. …Das Kunstwerk ist aufgestiegen zum Fotomotiv Nummer eins im Kurort. Autos fahren langsamer durch den Kreisverkehr. Nachts ist der filigrane Eisberg beleuchtet, wirkt wie ein Feuerwerk aus Eis.“ Nur wenige Monate später, im April 1995, hat man seine Frieden mit dem Dengl-Brunnen gemacht: Er wirke auch ohne Schnee und bietet wunderbare optische Perspektiven, heißt es in der Heimatzeitung.

Text von Waltraud Riedl (aus der PNP)

Bildunterschrift:

Bürgermeister Tobias Kurz (4.v.r.) freut sich, dass der Kreisel an der Therme Eins am 26. April wieder für den Verkehr freigegeben werden kann. Der Betonring wird demnächst noch mit einer grauen Beschichtung versehen, die Anpflanzungen rund um den Ring können erst nach besserer Wetterlage vorgenommen werden. Gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Baufirma Meier, Rudolf Schmalhofer (3.v.r.), Gerhard Huber, Planungsbüro Krause (2.v.r.) sowie Mitarbeitern der Firma und des Bauamts wurde das Ergebnis der Sanierungsarbeiten begutachtet.